Noch ein Neublog: http://www.moving-target.de/ von Melody 🙂 Und sie ist wieder da – herzlich Willkommen!
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fiene & notizen vom 2. tag der tutzinger radiotage
Hör mal, das versteht doch keiner! Radio-Nachrichten auf dem Prüfstand. Ines Bose (Uni Halle-Wittenberg) und Dietz Schwiesau (Nachrichtenchef MDR Magdeburg) über ihre aktuelle Forschung. Am 9. November 1923 wurden wohl die ersten Nachrichten im Radio ausgestrahlt. Das ist 89 Jahre her. Heute fragen wir uns: Wie müssen Nachrichten geschrieben werden, damit sie gut gesprochen werden? Wie müssen Nachrichten gut gesprochen werden, damit sie gut verstanden werden? Nachrichtensprecher lassen Nachrichten meistens so klingen, wie Nachrichten klingen sollen (Erwartungshaltung will erfüllt werden) – auch wenn sie anders betonend, den Sinn besser vermitteln könnten. Die Routinen des Alltags und die Zwänge einer Institutionen erzeugen Schablonen aus denen die Journalisten selten rauskommen. Es ist nicht selbstverständlich, dass Schreiben und Sprechen von Nachrichten als Einheit gesehen und gelehrt werden.
Um Rückantwort wird gebeten. Warum organisiertes Feedback in Redaktionen zur Programmqualität beitragen – Roland Wagner, SWR Baden-Baden: Jeder der Feedback bekommt, geht natürlicherweise / unbewusst erst einmal in eine Abwehrhaltung. Feedback ist subjektiv – es gibt keine Objektivität. „A gibt B ein Feedback, und dieses Feedback sagt mehr über A aus, als über B.“ Es ist aber möglich gute und qualitative Feedbackprozesse zu etablieren. Die sind wichtig, damit emotionale Hinderungsgründe die Qualität on Air nicht mindern. Was ist, wenn ein Jung-Redakteur die Nachricht eines alten Nachrichten-Schlachtrosses nach dem Vier-Augen-Prinzip abnehmen muss? Wenn er Glück hat, ist es nur ein Rechtschreibfehler? Aber wie kommuniziere ich einen unglücklich formulierten Satz, der zu Lasten der Hörverständlichkeit geht? Hier helfen Prozesse.
Wolfgang Spang und Oliver Leibrecht vom HR geben Einblicke in die Feedback-Prozesse der Anstalt. Dazu gehören als Standbeine Analyse, Feedback und Training. Zu den Leitlinien gehört es, dass das Feedback im Zweifel für den Mitarbeiter gemacht wird – das führt zu Akzeptanz an der Basis. Es gibt keine Angst vor Feedback-Missbrauch bzw. indirekt „abgewatscht“ zu werden. Ansonsten: Transparenz, Fairness, Evaluierbarkeit. Verschiedene Phasen, die einen Kreislauf ergeben: Auftrag Ziele -> Rahmen -> Konzept -> Analyse / Feedback -> Evaluation -> Beratung / Training -> Transfer -> Absicherung. Problem: Es gibt oft ein Transfer-Loch. Nach der Beratung oder dem Training wird nicht geschaut, ob es a) etwas bringt oder b) nur für die nächsten ein oder zwei Sendungen etwas bringt. Monitoring-Kriterien: 1.) Konzeption (Hörerorientierung, Aufbau, journalistisches Handwerk) 2.) Sprache (Wortwahl, Satzbau, Stil) 3.) Präsentation (Stimme, Lautung, Sinngliederung). Hören aus Perspektive der Hörer (interne Vorgaben werden aussen vor gelassen) -> Beschreiben mit wissenschaftlichen Kriterien (Was war das?) -> Interpretieren zusammen mit Rundfunk-Journalisten (Was bedeutet das?). Insights: Feedback sollte genauso wie ein Radiobeitrag vorher geplant sein und nicht spontan sein. Im Kopf überlegen, was gesagt werden soll, in eine Struktur bringen und auf 1:30 Minuten zu komprimieren. Es lohnt sich auch, das Feedback von vielen unterschiedlichen Sprechern einzuholen (Reporter, Redakteur, Chefredakteur usw.).
Kurz vor dem Mittagessen hatte ich noch meine Präsentation über Smartphone-Reporter und jetzt am Nachmittag sind die einzelnen Workshops an der Reihe. Ich würde sagen: Unser Smartphone-Seminar verlegt seinen Teil an den Bootssteg – wegen der Aufnahmemotive und so.
fiene & notizen vom 1. tag der tutzinger radiotage
Die Macher Christian Bollert und Marcus Engert von Detektor.fm plaudern etwas aus dem Nähkästchen. Webradioforschung zeigt: Beim Webradio allgemein gibt es keine Morningdrivetime. Die Nutzung bleibt über den Tag stabil. Was ist mit neuen Webradio-Angeboten? Menschen nutzen zusätzlich zu den privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern neue Web-Sender. Webradios sind somit keine Konkurrenz, sondern werden zusätzlich genutzt. Herausforderung für Webradio-Geräte: Die Leute wollen weiter einen Knopf haben, an den sie drehen können. Keine komplizierte Menüführungen bei WLAN-Radios, sondern einfache Geräte. Punkt für Detektor.fm: Es geht nicht um neue Technologien, sondern um neues Verhalten der Hörer. Die Kombination Online + Radio sei eine „Traumhochzeit“. Aber: Das stellt auch Herausforderungen an die Ausbildung. Digitalisierung des journalistischen Alltags hält nur zögerlich in die journalistische Ausbildung an Hochschulen Einzug. Auch bestätigt hat sich der oft zitierte Jeff Jarvis Satz („Do what you do best – link to the rest“).
Detektor.fm glaubt beim Radio der Zukunft an starkes Wortradio, aber auch an „Übergangssituation des Alltags“ nach D. Ziems. Heisst: Menschen hören vor allem in Übergangssituationen – auf dem Weg zur Arbeit, nach Hause, zur Party. Herausforderung für heutige Sender: Klassische Kompetenzfelder transformieren sich (Lokales, Nachrichten, Musik, Sport, Verkehr, Wetter) – das ist eine Herausforderung. Aber bei den Themen „Live + Jetzt“ sowie „Werben“ habe das Radio weiterhin eine starke Zukunft. Von der DAB halten sie nichts, aber von LTE. Die Geschäftsmodelle diversifizieren sich: Es gibt keine goldene Kuh mehr, die geschlachtet werden kann. Es kommen viele kleine Einnahmequellen. In den letzten Jahren ist viel im Netz über Video gesprochen worden, künftig wird wieder mehr über Audio gesprochen werden. Je schneller die mobilen Netzverbindungen werden (LTE), wird es einen größeren Bedarf an Audio geben; wer kann schon beim Joggen ein YouTube-Video schauen.
Clay Shirky: „A revolution doesn’t happen when the society adopts new tools. A revolution does happen when the society adopts new behaviors.“
Detektor.fm hat nach eigenen Angaben in diesen Jahr den Break-Even geschafft. Der Durchschnittshörer lauscht im Schnitt 29 Minuten (zum Vergleich bei Radio Eins: 11 Minuten. Deutschlandfunk: 2 Minuten). Pro Tag gibt es 4.000 Hörer und 2.000 Webseitenbesucher.
Christian Bollert: „Im Autoradio höre ich den Sender, der mich am wenigsten nervt. Im Web höre ich den, den ich am liebsten mag.“
Detektor.fm hat den Vorteil, dass keine Lizenz bezahlt werden muss. Büro und die vier Mitarbeiter kosten dennoch. Die Einnahmequellen liegen bei den Werbepartnern (Bisher Spreadshirt, Helmholtz, Conrad Electronic, ikk classic), Audioprogramme (SZ [Vertonung des Streiflichts für die SZ-iPad-App], Deutschlandfunk, taz, WDR, Umwelt Bundes Amt) oder Wissenstransfer (lfm NRW, Onlineradiomaster und SLM).
Nicht zu unterschätzen: Auch einen reinen Musikstream anbieten. Der wird häufig und gerne genutzt. Im Büro ist ein 10 Minuten Stück von Heribert Prantl über das Leistungsschutzrecht nicht immer gerne gehört. Außerdem: Google News bringt mehr Traffic als soziale Netzwerke.
Markus Engert: „Man findet uns über unsere Überschriften (also Inhalte) und nicht über irgendwelche Banner.“
Christian und Markus stellen außerdem die CrowdApp vor, mit der sie die Sendung vox:publica auf der re:publica zusammen mit den Hörern produziert haben. Die App stellt nicht nur Fragen zu einem bestimmten Thema, sondern auch konkrete Aufgaben für die Hörer. Hintergründe gibt es bei hoerfunker.de. Jetzt überlegen sie, wie sie die in den redaktionellen Alltag integrieren können. Die freien Mitarbeiter von detektor.fm haben die App auch installiert.
Eine Chance aber auch Herausforderung für Medien: Marken werden immer öfter zu Medien (und benötigen im nächsten Schritt gute Inhalte). Wirtschafts-Marken erreichen über Facebook und Twitter mehr, als traditionelle Medien es über soziale Netzwerke schaffen. Marken starten im Netz aber auch eigene Zeitschriften, Radiostreams oder TV-Sender (Red Bull). So wird Adidas einen eigenen Radiosender rund um die Olympischen Spiele starten, um die eigenen Sportler zu featuren.
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Die TagesWebSchau und die Digitale Garage vorgestellt von Marcello Bonventre, Redaktionsleiter der Digitalen Garage.
Zum Start der Digitalen Garage haben sie geschaut: Wie viele Inhalte von Radio Bremen innerhalb von einer Woche sind für die junge Generation ansprechend oder gar „teilenswert“? Nur sechs Fernsehbeiträge und gut 40 Radiobeiträge. Die Joint-In-Motivation der jungen Hörer ist begrenzt. Die Meisten wollen einfach nur konsumieren. Inhaltlich törnt auch das Themenspektrum „Bremer Politik“ ab. Aber: Das hat vor allem etwas mit dem Wording zu tun. Die Themen kommen an, wenn zum Beispiel berichtet wird, was konkret im Stadtteil oder vor der Haustür passiert. Sobald aber mit dem Label „Bremer Politik“ gearbeitet wird, schreckt das aber ab. Beliebtestes Format heute bei jungen Menschen: Peters Zudeicks Woche.
Projekte: Mein Stadtteil, Lebenslang Grün-Weiß, die Plattdeutsch-App.
Insights: Es lohnt sich bei einigen Projekten einen guten Endpunkt zu setzen, sodass Projekte nicht ab einen gewissen Punkt vor sich hinplätschern. Bonventre sagt auch, dass er nie wieder eine App nur für iOS herausbringt, denn „Android-Nutzer können ganz schön zornig sein und sehr engagiert.“
Zur TagesWebSchau: Ziel ist ein junges Info-Format für aktuelle Themen mit Netzperspektive. Die Online-Version lädt zum Weiterklicken an. Die erste Ausstrahlung läuft linear auf tagesschau24 – erst dann kommt das Web und die Verbreitung über Social Media. Es soll journalistisch und locker sein aber nicht albern.
Der Rückkanal ist nicht fertig geworden. Der Twitter-Kanal sei momentan nicht sensationell, aber schon mal ein Schritt. Bald können eigene Beiträge direkt kommentiert werden. Aktuell wird ein Multi-Netzwerk-Login erstellt. Geplant wird die Authentifizierung von Facebook, Twitter, Google+ und ein eigener Radio-Bremen- oder Tagesschau-Login. Was nicht einfach ist: Die Grafik wird in Frankfurt produziert und die Sendung wird in Hamburg abgenommen. Das sei gut für die Qualität, aber ein Problem für die Schnelligkeit. Aktuell arbeiten die Rechtsabteilungen von Radio Bremen und NDR an „dicken Handbüchern“, damit die Journalisten wissen, wie und was sie mit Netzinhalten machen können. Da die TagesWebSchau auch auf den Webseiten von vielen jungen Wellen eingebunden wird, gibt es demnächst Schnittstellen für den interaktiven Player. Im „Related Content“ (so heisst das) können dann eigene Inhalte künftig ergänzt werden.
3 Redakteure bereiten in Bremen die TagesWebSchau vor. 2 Redakteure kümmern sich um die Vorbereitung der Themen und ein Newsredakteur kümmert sich um die Inhalte. Es gibt einen Tagesschau-Redakteur, der am Ende des Tages die Themen abnimmt und in Frankfurt sitzt ein „halber“ Grafiker. Für die langfristige Planung gibt es noch 1 1/2 Reporter, die die TagesWebSchau unterstützen.
Morgens gibt es um 09:30 Uhr eine Konferenz zwischen Digitaler Garage, YouFM und ARD-Aktuell. Dann wird gearbeitet und um 15:45 Uhr muss der erste Beitrag nach Hamburg zur Abnahme geschickt werden, damit um 17 Uhr die Ausgabe pünktlich veröffentlicht werden kann.
Hausaufgaben: Klickzahlen-Auswertungen müssen noch auf die Beine gestellt werden (komplexe Ausspielwege). Auch das Feedback wird noch ausgewertet. Was aber schon nach zwei Wochen feststellbar ist: Die Nutzer wünschen sich Tiefe.
fiene & auf zu den tutzinger radiotagen 2012
Auf die Gruppe links bin ich sehr gespannt! Das sind 23 Online-Journalismus Studenten der Hochschule Darmstadt. Sie sind auch in den nächsten drei Tagen bei den Radiotagen in Tutzingen. Erkennbar an ihrem blauen Button. Sie werden vor Ort sein und das Begleitblog Tutzing FM befüllen. Schaut doch bis Dienstag regelmässig rein, was sich in deren Blog tut. Da wird es sicherlich viele Texte, Töne und Bilder zu sehen geben. Schon vor Wochen haben die Referenten E-Mails mit Vorabfragen bekommen. Es ist bestimmt spannend, wenn sich Studenten an einem echten Praxisprojekt austoben können. Neben dem Blog gibt es auch den eigenen Twitter-Account @tutzingfm. Folgt denen mal, die haben noch wenige Follower.
Der offizielle Twitter-Hashtag wird #tura12 sein! Da laufen schon vorab einige Tweets ein.
Was ich an den Radiotagen so mag: —ffentlich-Rechtlich trifft Privat. Chefredakteur trifft Volontär. Und es geht nur im eine Sache: Das Programm. Das bieten nur wenige Branchenveranstaltungen. Deswegen hat es mich sehr gefreut, dass ich in die Vorbereitungsgruppe eingeladen wurde. Wir haben uns in diesem Jahr für dieses Motto entschieden: „Der beste Mix: Stärken von gestern und Themen von morgen.“ Selbst werde ich einen Smartphone-Reporter-Workshop geben. Was ich nicht ganz so gut finde: Der Termin ist in diesem Jahr parallel zum Medienforum NRW gelegt worden.
Eine Sorge habe ich nur noch: Hoffentlich hören wir heute Abend beim Deutschlandspiel kein Radio, sondern gönnen uns dann doch einen Beamer oder so.
Links:
fiene & marcel-ist-reif.de
Wenn ihr Bela Rethy googlet werden von Google die Worte „nervt“, „schlecht“, „Kritik“ oder „Dortmund-Fan“ als Ergänzung vorgeschlagen. Es scheint den einen oder anderen zu geben, der nicht immer so ganz zufrieden mit dem ZDF-Kommentator ist. Räusper. Eigentlich bin ich ständig von ihm genervt. Aber das finde ich ganz gut, denn das Lästern über den Fußballkommentator gehört hier in Deutschland irgendwie dazu.
Bald dürfen wir nicht mehr meckern, denn es gibt ja diese neue Webseite.
Die Fußballfans Wendelin Hübner (kenne ich von einem Besuch bei der V.i.S.d.P.-Redaktion in Berlin) und Moritz Eckert haben jetzt zur Fußball-EM die Seite marcel-ist-reif.de gestartet. Für die Internetadresse bekommen sie nicht nur bestimmt irgendeinen Award für kreative Namensfindung, sondern auch einen Extrapreis für die Idee: Über die Webseite können Leute die denken, sie können es besser, selbst die TV-Fußballspiele kommentieren. Wendelin beschrieb mir das als eine Do-it-yourself-Plattform für Fußballkommentatoren: „Vom faktenhubernden Nachwuchsreporter bis zum Guinness-seligen Iren-Fan war schon alles vertreten.“
Leute, die denken, sie können Rethy, Reif & Kollegen nicht mehr ertragen, können hier eine Alternative einschalten. Versprochen werden von den Nutzern Dialekte in Bayerisch, Sächsisch und Hochdeutsch (danke!). Wenn Deutschland morgen gegen Dänemark spielt, lohnt sich ein Blick auf die Seite marcel-ist-reif.de. Und wie das mit Plattformen so ist: Es macht mehr Spaß, wenn es mehr Nutzer gibt. Also, ran an die Mikros. Eins verspreche ich euch auch: Ich werde nicht kommentieren!
fiene & so war es bei der rundshow
Fernsehen ist, wenn du mit der Regisseurin und ihrem Kollegen den Ablauf besprichst, hinter dir der Tonmann steht und ein Gerät am Gürtel befestigt, auf dem Ohr sich die Kollegin aus der Tonregie meldet, damit du von deinem Notebook einen Testsound abspielst, und dir nebenbei der Richard noch seine neuste App zeigen will.
Es waren vier sehr lehrreiche Wochen beim Rundshow-Projekt beim Bayerischen Fernsehen und die Zeit verging wie nix. Wir haben auf allen Ebenen gelernt. Ich habe zu ersten Mal im TV moderiert, erfahren wie es ist mal auf der anderen Seite der Kritiken nach einer Premiere zu stehen, welche Wirkungen das Rundshow-Projekt vor allem auch intern auf den BR hat, und wie wertvoll das Feedback auf Twitter ist. Lässt man sich darauf ein, ist die Lernkurve bei einem Projekt unheimlich steil. Die Leute schreiben ohne Agenda und geben einfach ihre Meinung wieder. Filtert man Extremmeinungen aus, bleibt ein Grundtenor übrig, den man sich unbedingt zu Herzen nehmen sollte. Meistens deckten sich diese Impulse mit unserem Bauchgefühl. In den ersten Tagen haben wir uns jeden Tag zwei oder drei Hausaufgaben formuliert, die wir am Abend besser machen möchten. Auf Twitter sind unsere Veränderungen auch direkt wahrgenommen worden. Jörg Wagner vom Radio Eins Medienmagazin hat die Veränderungen von Sendung zu Sendung dokumentiert – sehr aufwendig und sehr interessant!
Als Bonus habe ich bei diesem Projekt noch gratis meinen ersten Troll „dazu“ bekommen. Auch mal eine Erfahrung.
Spannend fand ich: Viele haben sich über Dinge beschwert, mit denen wir gar nicht gerechnet haben (andere Sachen, mit denen wir rechneten, wurden gar nicht beachtet). Zum Beispiel was die Skype- und Hangout-Qualität angeht (Focus Online: Wenn das Netz drei Mal fiept). Die Zuschauer erwarten Fernsehqualität auf ihren Bildschirmen. Da kommen Skype und Hangout kaum mit. Was auf dem Computerbildschirm bekannt ist und akzeptiert wird, kommt im TV nicht direkt an. Hier setzte aber beim treuen Zuschauer ein Gewöhnungseffekt ein: Je vertrauter das Bild- und Audiosignal aus dem Netz dem TV-Zuschauer wird, desto weniger Kritik und am Ende wurde der technische Weg sogar ganz vergessen und die Inhalte standen im Vordergrund. Auch aus diesem Grund ist die Rundshow wichtig: Um neue Techniken auf dem Bildschirm einzuführen.
Vom Format bleibt bei mir hängen, dass oft die Gespräche nach der TV-Sendung im Webstream am Interessantesten waren (spricht für eine Ausdehnung auf 45 Minuten), da wir dann in die Tiefe gehen konnten. Überrascht war ich, wie viele direkte Fragen oder Kommentare zum Thema über die App kamen. Auf meinen Bildschirm hatte ich fast mehr nutzbare App-Einsendungen als Tweets. Die Relevanz einer eigenen App hatte ich unterschätzt. Vielleicht entspricht dies stärker dem Nutzungsverhalten einiger Zuschauer. Sie schauen einfach fern und sind froh, wenn sie eine simple App haben, über die sie sich beteiligen können. Nicht alle haben Lust ein Tablet oder Notebook auf dem Schoß zu haben oder sich groß in ein soziales Netzwerk einzuloggen.
Andere haben sich gefragt, was denn „innovativ“ oder „bahnbrechend“ an dem Format sei. Der Witz ist: Wir haben als Team nie behauptet so sein zu wollen. Hier wurden ganz einfach irgendwelche Erwartungen in uns herein projiziert, die dann natürlich nicht erfüllt wurden. Wir haben verschiedene Crossmedia-Elemente ausprobiert und zeigen wollen, dass man auch mit dem Netz und nicht nur im Stuhlkreis talken, dass man interne Abläufe anders gestalten kann und das so ein Experiment frischen Wind bringt, der allen gut tut.
Überraschend fand ich: Spiegel Online („Wir twittern im Bademantel“) und Süddeutsche.de („Ein gewagtes Experiment für einen öffentlich-rechtlichen Sender wie den BR. Aber das Konzept der beiden Blogger ist vielversprechend.“) haben auf ihre Art sehr positiv über unser Projekt berichtet. Das hätte ich überhaupt nicht erwartet. Einen Veriss gab es nur bei Heise (Gutjahr tappt in die Gotschalk-Falle) und Meedia (Rundshow: Das verpatzte Social-TV Debüt). Letzteres hatte ich erwartet. Man könnte Meedia unterstellen den Text oder zumindest die Haltung schon vor der Premiere formuliert zu haben.
Für mich als Radiomann war das ein spannender Ausflug und ich bin Richard dankbar, dass er mich dazu geholt hat. Ein bisschen freue ich mich jetzt aber auch wieder auf mein kuscheliges Radiostudio.
Für die tolle Rundshow-Crew geht es jetzt noch zwei Wochen weiter. Endlich kann ich die Sendung auch einmal im TV wirken lassen und dabei den Secondscreen ausprobieren.
Wie geht es danach weiter? Ich denke beim BR wird an den unterschiedlichsten Ecken eine gute Portion zusätzliche Motivation hängen bleiben und bestimmt wird das eine oder andere technische Element in einigen Sendungen auftauchen. Vor zwei Wochen hätte ich auch nicht gedacht, dass ich sogar das Potential einer täglichen Rundshow sehe. Jeweils rund um die Wochenenden haben Zuschauer angemerkt, dass die Rundshow schon zu deren Tagesablauf gehört und sie den sendefreien Tag nicht so gut finden. Ich kann mir vorstellen, dass ein abgespecktes täglich Format gut funktionieren kann. Das kann ein festes Ritual für eine treue Zuschauergemeinde werden. Wenn die Zuschauer einschalten wollen, um zu erfahren, wie die Rundshow-Gäste das Thema des Tages diskutieren, dann haben wir gewonnen.
An dieser Stelle möchte ich mich an die vielen lieben Reaktionen bei Twitter, G+ und Facebook bedanken, als ich mich verabschiedet habe. Mit so viel Zuspruch hätte ich nicht gerechnet Danke 🙂
Ein paar Videos
Das ist die Zusammenfassung der Sendung vom letzten Donnerstag, als wir über den Eurovision Song Contest.
Ich bin ja auch immer gerne mit dem Richard Aufzug gefahren.
Mein Lieblingstrailer. Mehr Videos von den Beiträgen oder Sendungszusammenfassungen gibt es im YouTube-Channel. Die kompletten Sendungen (inkl. Web-Vor-und-Nachschau) gibt es auch als Podcast (hier der direkte RSS-Feed).
Ein paar Fotos
Die Fotos stammen von Mathias Vietmeier, der uns bei einer Probe besuchte. Mehr Fotos von seinem Besuch gibt es auf seiner Facebook-Seite.
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