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Leser-Interaktionen
Tipps
fiene & die angst vor wissen außerhalb der eigenen blase
In Twitterland gibt es gerade Aufregung. Twitter zeigt seinen Nutzern künftig Tweets von Leuten an, denen nicht gefolgt wird. Hierzu sind verschiedene Artikel rumgereicht worden, wie dieser bei TheAtlantic.com.
Die Reaktionen vieler Twitter-Nutzer verstehe ich nicht. Ich halte sie für kurzsichtig. Vor lauter Emotionalität schreiben einige Ankündigungen wie diese:
Ich lese jetzt aufmerksam meine Timeline und jeder, der NICHT dorthin gehört, wird geblockt und als Spam markiert. #Twitter#Timeline#fail
Mike Schnoor (@MikeSchnoor) August 20, 2014
Womit dann die abgestraft werden, die nichts dafür können.
Liebe Netzgemeinde, denkt doch mal nach.
In der bisherigen englischen Fassung der Erklärung „What’s a Twitter timeline„? war folgendes zu lesen:
Note: You may see content from accounts you do not follow, such as promoted Tweets, Retweets from accounts you follow, or content that may be relevant to you. Read more about promoted Tweets here, and Retweets here.
Bisher haben wir auch fremde Tweets gesehen, wenn es sich um Werbeanzeigen oder Retweets handelt(e). Jetzt gibt es die folgende Ergänzung:
Additionally, when we identify a Tweet, an account to follow, or other content thats popular or relevant, we may add it to your timeline. This means you will sometimes see Tweets from accounts you dont follow. We select each Tweet using a variety of signals, including how popular it is and how people in your network are interacting with it. Our goal is to make your home timeline even more relevant and interesting.
Wenn Twitter also feststellt, dass ein Tweet derzeit für viel Beachtung sorgt, kann dieser auch in unserer Timeline angezeigt werden. Ich begrüße das. Ich möchte wissen, was um mich herum passiert, was andere Leute gerade beschäftigt und welche Themen gerade aufkommen. Durch eure veränderte Twitter-Nutzung ist das in letzter Zeit zu kurz gekommen.
In letzter Zeit habe ich mich öfters geärgert, dass viele sich zum Sendemedium zurückentwickelt haben. Es wird nur noch verkündet, weniger interagiert. Früher waren mehr Retweets.
Anders gesagt: Wenn ihr nur favorisiert und nicht mehr retweetet, dann nehmt ihr euren Followern die Chance, gute und neue Inhalte zu entdecken. Ihr seid also selbst schuld, wenn Twitter der veränderten Nutzung Rechnung trägt und die Funktionsweise der Timeline anpasst.
Tweetdeck-Nutzer kennen die Aktivitäts-Spalte, in der schon jetzt favorisierte Tweets von Followern auftauchen. Ich habe da schon spannende Dinge entdeck. Warum soll das nicht für alle gut sein?
Das hat natürlich zur Folge, dass das Favorisieren jetzt andere Auswirkungen hat. Einige nutzen es als „Gefällt mir“-Funktion. Für andere ist es ein Lesezeichen. Ganz andere aktivieren damit ihre Kaffeemaschinen. Jetzt müssen wir im Kopf haben: Wenn ich etwas favorisiere, ist dies auch für andere stärker sichtbar.
Während bei Facebook die Umgewichtung des Newsstreams zur Folge hat, dass dann weniger Platz für Inhalte von Freunden ist, ist dies bei Twitter wegen der weiterhin chronologischen Ansicht nicht der Fall.
Die Angst vor fremden Tweets in der eigenen Timeline ist mir unerklärlich. Was ist schlimm daran, wenn es mehr Wissen gibt, als es die eigene Filterblase zulässt? Manchmal macht mir das Kleinbürgertum der Netzgemeinde Angst.
fiene & auf zum ard ifa-radio 2014
Kleine Anwesenheitsnotiz: Ich bin in diesem Jahr wieder beim ARD IFA-Radio dabei.
Ich habe mir gerade noch einmal die Fotos aus dem letzten Jahr angeschaut und in dem Moment ist meine Vorfreude extrem angestiegen – denn in diesem Jahr gibt es wieder dieses kleine, liebenswürdige Popup-Radio an gleicher Stelle, auf der gleichen Welle und mit der gleichen wunderbaren Crew. Zwar suche ich für mich noch eine kleine Airbnb-Bleibe, aber dafür steht der Rest.
Seid ihr auf der IFA? Dann sagt Hallo! Im letzten Jahr sind Hörer oder Leute aus diesem Internet einfach vorbeigekommen und das war sehr nett. Auch einige PR-Leute haben natürlich auf ihre IFA-Themen aufmerksam gemacht, was im taktvollen Rahmen natürlich völlig okay ist. Würde mich freuen, wenn die IFA wieder so ein bunter Kontakt-Ort wird. Kommt deswegen gerne zur IFA, Halle 2.2, dort findet ihr den Digitalradio-Stand bei der ARD (05.-10. September, Messe Berlin).
Wir senden wieder aus dem gläsernen Tipi! Das IFA-Radio von der ARD und vom Deutschlandradio funkt live von 10 bis 18 Uhr bundesweit im Digitalradio und im Netz. Ab 10 Uhr hört ihr Jörg Wagner, ab 13 Uhr Anja Goertz und ab 16 Uhr hört ihr Richard Gutjahr und mich. Dazu viele Reporter-Stimmen, die ihr von Radio Eins kennt. Ein paar Infos gibt es noch bei der Radioszene.
Und wenn alles klappt, melden sich Herr Pähler und ich auch am Samstag von der IFA in Endlich Samstag bei DRadioWissen – wie immer 10-14 Uhr.
Habt ihr Tipps für die IFA, was sollten wir uns unbedingt anschauen und wem sollten wir mal auf die Finger schauen? Hinterlasst eure Tipps gerne in den Kommentaren.
fiene & claus kleber, twitter-superstar!
Während ich das 6:0 7:0 7:1 für Deutschland gegen Brasilien verdaue, müssen wir noch einmal über Claus Kleber reden. Bekannt aus der Halbzeitpause. Während er durch das Heute-Journal moderierte, fiel mir ein Gespräch von heute Nachmittag mit meinem Kollegen Marc Hippler ein. Jetzt ist mir klar: Claus Kleber, was bist du für ein Twitter-Superstar!
Seit wenigen Wochen ist Mr. Heute-Journal auf Twitter aktiv. Mit nur 57 Tweets hat er erreicht, was Netzpolitik nicht in 22.000 Tweets geschafft hat, geschweige denn Barack Obama mit seinen 44 Millionen Followern! Und ich meine nicht seine Tweets von seiner hektischen Reise zu Hillary Clinton, aus denen sich andere Journalisten Schaum vor den Mund geschrieben haben. Zu Günther Jauch ist sie schließlich persönlich gekommen.
Ist euch schon aufgefallen, dass Claus Kleber Tweets manchmal an sich selbst schreibt? Er beginnt mit „@clauskleber“.
@ClausKleber wow-kreativ! Besonders die falschen Ideen 🙂 Verdienen mehr als Text.
Ich handy-filme morgen Antwort und liefere. #CKFAQs
— Claus Kleber (@ClausKleber) July 6, 2014
Und dieser Tweet ist keine Ausnahme. Siehe hier:
@ClausKleber Wiedergefunden. Neben Auto. Patschnass.
Morgen kommt neue in Emergency Box und die wieder an die Wand.
Mit mir weiß man nie!
— Claus Kleber (@ClausKleber) June 29, 2014
Oder hier:
@ClausKleber
Sorry, mein Account mag offenbar keine Schlusspunkte :-)
Was immer das bedeuten mag. Sicher nur Gutes.
— Claus Kleber (@ClausKleber) June 27, 2014
Und nicht zu vergessen hier:
@ClausKleber
Sorry, der #MH370 Link funktionierte nicht. (Punkt am Schluss fehlte)
Trying again:
http://t.co/ZeuadrbHLR.
— Claus Kleber (@ClausKleber) June 27, 2014
Warum macht er das? Hat ihm niemand erklärt, dass er das nicht braucht? Oder drückt er in seiner Twitter-App lieber auf „Antworten“, wenn er einen seiner Tweets schreiben möchte, als auf „Neuen Tweet verfassen“?
Der Witz ist: Die Lösung ist einfach und genial zu gleich. Darauf scheint vorher noch niemand gekommen zu sein. Selbst Chuck Norris oder Hans Sarpei haben das noch nicht geschafft: Die 140-Zeichen-Grenze von Twitter zu sprengen.
Wie ich das meine? Immer wenn wir auf einen Tweet antworten, entsteht eine Referenz auf den vorigen Tweet. Wenn wir eine Antwort im Web oder in der App lesen, können wir den vorigen Tweet sehen. Dies funktioniert auch bei der Antwort auf eigene Tweets. Das habe ich so aber noch nicht gesehen. Claus Kleber ist die Ausnahme – er schafft es so, Verbindungen zu älteren, aber inhaltlich passenden Tweets aufzubauen.
So wird ganz neues Storytelling möglich.
@ClausKleber wow-kreativ! Besonders die falschen Ideen 🙂 Verdienen mehr als Text.
Ich handy-filme morgen Antwort und liefere. #CKFAQs
— Claus Kleber (@ClausKleber) July 6, 2014
Während viele Twitter-Neulinge ein paar Monate brauchen, um das Prinzip des Netzwerkes zu verinnerlichen, hackt Kleber Twitter mit dessen eigenen Waffen Twitter und schafft etwas, was wir langjährige Twitter-Nutzer weder entdeckten, geschweige denn im Twitter-Alltag praktizieren. Hut ab!
Ob dieser Praxis den Durchbruch gelingt? Sich selbst zu antworten klingt sehr selbstreferentiell. Aber das passt ja auch in die Welt der Social-Media. Immerhin: Bezüge schaffen Kontext und bereichern die Vermittlung von Inhalten.
Einen Vorschlag für eine Bezeichnung des Self-Replys hätte ich auch schon: Einen Tweet ranklebern.
fiene & briefe meines chefredakteurs aus new york
Was bei dem ganzen Silicon-Valley-Hype vergessen wird: Aus journalistischer Sicht ist die US-Ostküste viel spannender. Substanz von Hype in Bezug auf die Valley-Welt an der US-Westküste trennten wir schon vor ein paar Wochen in einer „Was mit Medien“-Sendung. Jetzt möchte ich eure Aufmerksamkeit auf die Ostküste lenken.
In der vergangenen Woche war mein Chefredakteur Michael Bröcker in New York. Mit einigen Kollegen ging es auf große Tour: Die Chefredakteure besuchten traditionelle Medien und journalistische Startups und fühlten ihren Gastgebern auf den Zahn, wie sie dem Medienwandel begegnen. Bröcker hat in seinem täglichen Newsletter „Stimme des Westens“ (holt euch hier den Newsletter) täglich ein paar Eindrücke an unsere Leser verschickt. Verpasst? Kein Problem! Hier ist die Sammlung der Briefe meines Chefredakteurs aus New York:
Buzzfeed welcomes us with typical human incentive system. Win! #crusa14 @buzzfeed pic.twitter.com/iVZcKPepib
Michael Bröcker (@MichaelBroecker) 1. Juli 2014
1. Juli Brief aus New York
Heute schreibe ich Ihnen aus New York, meiner persönlichen Hauptstadt der Welt. Die impulsierende und zugleich selbstbewusste und gelassene US-Metropole ist ein urbanes Wunder. Dieses Mal bin ich auf „Bildungsreise“. Die renommierte Fachzeitschrift für Journalismus, das „Medium Magazin„, hat unter Leitung von Chefredakteurin Annette Milz für einige Medienschaffende aus dem „alten Europa“ eine Tour zu den Informationsverkäufern der „neuen Welt“ organisiert. New York Times, Forbes, Buzzfeed, ProPublica, you name it. Die Gretchenfrage der Medienbranche wird auch jenseits des Atlantiks gestellt: Wie sieht der Journalismus der Zukunft aus? Und: Wer bezahlt ihn? Raju Narisetti, Vize-Präsident von Newscorp (u.a. Wall Street Journal) gab uns gleich zu Beginn eine wichtige Botschaft mit: „Show confident in your content!“ Zuversicht und der Glaube an das eigene Produkt. Unsere journalistischen Inhalte haben einen Wert (und deshalb einen Preis). Egal auf welchem Weg Nutzer sie konsumieren. Die Kollegen des Wall Street Journal gehen so weit, dass sie von den sozialen Netzwerken Facebook, Twitter und LinkedIn Geld haben wollen, wenn sie deren „Share“-Button auf ihrer Nachrichtenseite platzieren. Ein ambitioniertes Projekt.
Innovation in Journalism? Great discussion with AJ Sulzberger @nytimes #crusa14 pic.twitter.com/oL4IRenDBn
Michael Bröcker (@MichaelBroecker) 2. Juli 2014
2. Juli Journalismus als Liste
Mein New-York-Trip nimmt Fahrt auf. Acht Medienunternehmen in 48 Stunden. Von Forbes über Buzzfeed bis zu Betaworks. Erste Erkenntnis: Der Journalist der Zukunft ist eine eierlegende Wollmilchsau. Multi-disziplinär. Im Idealfall Statistiker, Algorithmen-Analyst, Grafikdesigner, Fotoreporter, Investigativer, Geschichtenerzähler, Sprachvirtuose in einem. Sollten Sie wissen, wo man solche Leute findet, schreiben Sie mir an chefredakteur@rheinische-post.de.
Zweite Erkenntnis des Tages: Was Nachrichten sind, bestimmt der Leser. Das „Buzzfeed-Prinzip“. 130 Millionen Besucher klicken pro Monat auf die Internetseite, vier Mal so viele wie bei der „New York Times“. Buzzfeed ist ein virtueller Rummelplatz. Kirmes im Netz. Lustige Katzenbilder, Ratespiele und Schmunzellisten sind das Konzept. Buzzfeed zeichnet das Leben als Liste. „33 Dinge, woran Sie merken, dass Ihr Tier extrem enttäuscht von Ihnen ist“ oder „29 Fehler, die du mindestens einmal im Leben machen wirst“, lauten die Artikel. 500 Mitarbeiter arbeiten für Buzzfeed, 200 davon sitzen im New Yorker Hauptquartier in bester Lage am Madison Square Garden. 50 Millionen Leser weltweit interessierten sich etwa für die Bilderstrecke „21 Bilder, die Ihren Glauben an die Menschlichkeit wiederherstellen.“ Ist das Journalismus? Das können Sie im September selbst entscheiden. Dann geht die deutsche Fassung von Buzzfeed online.
Employees who stay in companies longer than 2 years get paid 50% less. @lewisdvorkin #crusa14 @Forbes pic.twitter.com/0DM5SywCly
Michael Bröcker (@MichaelBroecker) 1. Juli 2014
3. Juli Investigative Kompetenz
Tag drei unserer Tour d’Horizon durch die New Yorker Medienlandschaft. Die (Klickzahl-) Könige des seichten Online-Entertainments, Buzzfeed & Co., hinter uns, kehrt bei ProPublica der Glauben an den seriösen Journalismus zurück. Die mit Pulitzer-Preisen ausgezeichnete 45-köpfige Redaktion ist auf investigativen Journalismus spezialisiert. Skandale aufdecken, Missstände anprangern. Klassischer Journalismus. Kein Sex, kein Klatsch, keine Katzen. Und: Als gemeinnütziger Verein ist Pro Publica unabhängig von Werbe- und Anzeigenbudgets. Journalismus als Wohlfahrtsprojekt gewissermaßen. In Deutschland geht in diesen Tagen mit Correctiv ein ähnliches Projekt an den Start, finanziert durch die Brost-Stiftung. Was dahinter steckt, erklärt Mitgründer Daniel Drepper in unserem Interview. Im Wandel der Branche schauen viele auf die New York Times, die wohl renommierteste Zeitung der Welt. Die Zutaten für den Journalismus von morgen, der akkurat und ansprechend, multimedial und multidisziplinär, exklusiv und empathisch sein soll (und bitte stets wirtschaftlich), haben die Verantwortlichen der 163 Jahre alten Institution natürlich nicht. „Wir hinken alle der Entwicklung hinterher“, sagt selbstkritisch Arthur Gregg Sulzberger, Verlegersohn und jüngst für den Innovations-Report des Hauses verantwortlich. In dem Gespräch mit uns macht Sulzberger aber auch klar, dass Journalisten schnell umdenken müssen, die neuen Kommunikations- und Recherchetechniken offensiv annehmen sollten. Egal, auf welchem Kanal sie Informationen vertreiben. Übrigens: 800 000 Nutzer weltweit haben bereits ein Digital-Abo der New York Times.
The man who gets on every journalists‘ nerves. Leider zurecht. @jeffjarvis @marionhorn #crusa14 pic.twitter.com/L8pC7xd88r
Michael Bröcker (@MichaelBroecker) 3. Juli 2014
4. Juli Jarvis Standpauke
Die Reise nach New York endet mit einem Gewitter und einer Kopfwäsche. Blitze zucken über dem Deutschen Generalkonsulat am East River in Manhattan, als der US-Journalistik-Professor und Internet-Apologet Jeff Jarvis uns Versagen vorwirft. Die deutschen Medien bräuchten eine Umgebung der Innovation und desAufbruchs, sagt Jarvis. „Was existiert, ist Verzweiflung. Wenn die Verlage nicht allmählich die neuen digitalen Chancen ergreifen, wird es der Junge in der Garage für Euch erledigen“, ruft der Autor des Buches „Was würde Google tun?“ den versammelten Chefredakteuren zu. Jarvis Theorie: Das digitale Zeitalter bietet Chancen für Leser und Medienmacher. Allerdings müssten Journalisten „sozialer“ werden. Raus aus den Elfenbeintürmen namens Redaktion. Zuhören, neue Themen aufgreifen, in sozialen Netzwerken kommunizieren, Direktkanäle schaffen, eine loyale Leserschaft aufbauen. Das sei entscheidend. Ich kann dem Mann nur Recht geben. Wir Journalisten müssen nicht nur unsere Arbeitsweise, sondern gelegentlich auch unsere Einstellung hinterfragen. Selbstkritik kann innovativ sein. Auch deshalb schreibe ich diesen Newsletter. Ihre Meinung ist mir wichtig. Anregungen und Kritik bitte weiterhin gerne an: chefredakteur@rheinische-post.de
fiene & mag rot-grün den lfm-direktor nicht mehr? (update)
Vor ein paar Tagen habe ich etwas über die politischen Bestrebungen in NRW geschrieben, den Bürgerfunk früher auszustrahlen. Heute gibt es im Landtag die zweite Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung zur “nderung des Landesmediengesetzes (siehe Tagesordnung) – zur zweiten Lesung gehört traditionell auch die Abstimmung. Es geht natürlich nicht nur um den Bürgerfunk, sondern um zahlreiche Veränderungen in unterschiedlichen medienpolitischen Bereichen hier in NRW. Dazu gehört auch, dass die Landesanstalt für Medien künftig z.T. für Telemedienangebote die Aufsicht trägt. Ich persönlich freue mich auch, dass besser geregelt wird, wie im lokalen Rundfunk die Zuständigkeit von Web-Angeboten zu sehen ist.
Aber zurück zum Bürgerfunk: Die Landesregierung will in ihrem Gesetzentwurf die Zeiten für den Bürgerfunk nicht verändern. Allerdings gehe ich davon aus, dass sich der Bürgerfunk doch verschieben wird. So wollen SPD Und GRÜNE einen “nderungseintrag einbringen. Online habe ich den leider noch nicht gefunden, aber er liegt mir vor. Darin erfahren wir, dass der Bürgerfunk werktags künftig um 20 Uhr, statt um 21 Uhr gesendet werden soll. Damit kann ich persönlich leben. Bei Zeiten kann ich gerne berichten, wie die Hörer auf den 20-Uhr-Sendetermin reagiert haben.
Kurz vor knapp werden von den Fraktionen von SPD und GRÜNEN aber noch andere “nderungen eingebracht, die mich staunen lassen. Ich finde das
ausdrückliche Bekenntnis zur Netzneutralität angebracht und nachvollziehbar. Ein Punkt lässt mich aber ratlos zurück: Mag Rot-Grün in NRW den Direktor der Landesanstalt für Medien nicht mehr?
Explizit heißt es in einer Ergänzung: Der Direktor der Landesmedienanstalt soll die Befähigung zum Richteramt haben. Als Begründung wird angebracht, dass Landesmediengesetze in einigen anderen Bundesländern diese Anforderungen auch vorsehen und die veränderten Aufgabenbereiche die Fähigkeiten eines Volljuristen erfordern. Ich habe mir direkt die Biografie vom aktuellen LfM-Direktor Jürgen Brautmeier angesehen: Er ist kein Volljurist, sondern Historiker. Im Herbst 2010 hat er sein Amt angetreten. Seine Amtszeit dauert sechs Jahre. Im übernächsten Jahr dürfte er, beim zu erwartenden Erfolg dieses “nderungsantrags, nicht wieder antreten.
Mich lässt solch ein weitreichender “nderungsantrag mit verschiedenen Fragen zurück: Warum wird in einem Gesetz die Anforderung an einen Direktorenposten neu geregelt, die der aktuelle Amtsinhaber nicht erfüllt? Warum fällt den Antragstellern erst ein Tag (Datum des “nderungsantrags) vor der zweiten Lesung im Parlament auf, dass auch einige andere Landesmedienanstalten nur Volljuristen als Direktor akzeptieren? Jetzt könnte man sich die “nderungen zur Besetzung der Medienkommission auch noch einmal näher anschauen und dann evaluieren, zu wessen Vor- und Nachteil dies ist. Aber schon die zuvor gestellten Fragen erzeugen bei mir einen faden Beigeschmack.
Update 03.07.: Mittlerweile ist der “nderungsantrag von SPD & Grüne im Netz verfügbar.
Außerdem hat Jürgen Brautmeier auf der LfM-Webseite eine Stellungsnahme veröffentlicht:
Mit dem neuen Gesetz werden entscheidende Weichenstellungen vorgenommen, die auch meine Position als Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen betreffen. Ich fühle mich vom Vertrauen meiner Gremien getragen und werde meine Arbeit unter dem bislang eingeschlagenen Kurs fortführen, in bester Tradition meiner Vorgänger Klaus Schütz und Prof. Dr. Norbert Schneider. Unabhängig von den jetzt getroffenen politischen Entscheidungen werde ich in meiner Eigenschaft als Direktor der Landesanstalt für Medien NRW und als Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) weiterhin für meine Vorstellungen von Staatsferne und Föderalismus kämpfen.
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